Frankfurt Ironman – Beim 2. Mal ist alles ein bisschen anders…
Yvonne, Niko, Tobi, Paddy, Niklas und Lars
Meine 2. Langdistanz fing an wie die erste: Mitten in der Nacht! Auch der Tagesablauf sollte dem damaligen auf Lanzarote ähneln. Schwimmen, dann Rad und zum Schluss laufen! Das war’s dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Hat man erstmal eine Langdistanz hinter sich, begegnet man der nächsten doch mit ein wenig Arroganz und sagt sich, das pack ich schon irgendwie, die Frage ist nur in welcher Zeit. Mein Ziel: SUB11!
Während letztes Jahr eine Vielzahl unserer Athleten in Frankfurt startete, war ich dieses Jahr der Einzige Gesandte des Tri-Teams. Angesichts dessen freute ich mich sehr über die Vielzahl an Supportern, die den weiten Weg von Kassel nach Frankfurt antraten. Um 05:30 traf ich am Langener Waldsee ein, wo schon reges Treiben herrschte. Schnell noch die letzten typischen Handgriffe und Rituale und dann ab Richtung Wasser. Ich rechnete nicht mehr damit die anderen Tri-Teamler irgendwo in diesem Gewusel zu finden, doch auf einmal waren sie da. Aggi, Niklas, Tobi und Lars-Henrik. Das erste Mal an diesem Tag bekam ich eine Gänsehaut. Letzte Glückwünsche, noch schnell ein paar Fotos und dann musste ich auch schon ab ins Wasser zu 2500 anderen Athleten. Noch wenige Minuten bis zum Start. Ein unglaubliches Gedrängel. Und plötzlich, DER START! 3,8km Schwimmen! Jetzt war Durchsetzungsvermögen gefragt. An den Wendebojen und nach dem Landgang war es besonders voll. Irgendwo da habe ich auch den einen oder anderen Tritt und Schlag abbekommen, wovon einer kurzerhand meine Polaruhr in den Stopp-Modus versetzt hatte. Nach 1h06min26s stieg ich aus dem See. Drei Minuten schneller als auf Lanzarote. Positiv überrascht von meiner Leistung schwang ich mich auf mein neues Zeitfahrrad. Genau da fing es an zu Regnen! Und das sollte sich auch vorerst nicht ändern. Machte mir der Regen anfangs noch nichts aus, so spürte ich doch nach und nach, wie ich langsam auskühlte. Die Gedanken kreisten dabei einerseits um die armen Supporter, die das 2. Jahr in Folge mit Regen gestraft wurden und die Angst vor einem Sturz bei diesen widrigen Umständen. Umso Näher der Heart Break Hill kam, desto aufgeregter wurden ich. Einerseits markiert dieser Punkt fast die Hälfte der Radstrecke und war gespannt, wie meine Beine auf die Belastung, die ein 32 km/h-Schnitt mit sich bringt umgehen würden, aber viel mehr war es die Vorfreude auf bekannte Gesichter! Beim Anstieg war des dann Sepp, der mir als erster Anfeuerungssprüche zurief, gefolgt von Niklas, Tobi und Lars-Henrik! Gänsehaut die Zweite!
Auf der Zweiten Radrunde ließ der Regen endlich nach und langsam hörte das Zittern auf. Jetzt galt es sich weiterhin gut zu verpflegen, sich die Kräfte ordentlich einzuteilen und langsam eine nach der anderen Position gut zu machen. Wissend, dass die Jungs am Heart Break warten würden, verflog die Zeit wie im Fluge. Beim zweiten Mal brannte der Anstieg schon sichtlich mehr in den Beinchen, aber auch diesmal lösten die Zurufe der Freunde ein Feuerwerk aus, das sämtliche negativen Gedanken in Rauch auflöste! Die letzten 20km der Radstrecke hin zum Römer stieg die Nervosität, denn ich hatte auf den 180km einen Schnitt von 32,6 km/h gehalten. Die Frage lautete, was geben die Beine jetzt noch her??? Ein kurzer netter Plausch in der Wechselzone mit einer Helferin und dann ab auf die Laufstrecke. Gänsehaut die Dritte! Roter Teppich gesäumt von applaudierenden Zuschauern und endlich Sonnenschein, und mitten drin wieder Sepp. „Paddy, jetzt geht’s richtig los, gib Gas!“ Ich wusste, dass, wenn ich den Marathon unter 4h laufe, dann erreiche ich mein Ziel. Den Beinchen ging es super gut und so lief ich los. Das wäre der Moment gewesen, da ich mich an einen Plan hätte halten sollen. 42km sind lang, also eine Pace halten. Das Ziel vor Augen, eine Strategie in der Hinterhand. Vorsichtig angehen, wissend, dass der Mann mit dem Hammer (oder der Maggiflasche) irgendwo wartet! Nicht an diesem Tag! Eine Mischung aus Selbstvertrauen und Arroganz trieb mich auf eine 5min/km Pace. Als dann auch noch Vonny und Nico aus der Menge heraus auftauchten und mich anfeuerten war es um mich geschehen. Ich wusste, ich werde hier ans Limit gehen können, denn mit solcher Unterstützung an der Strecke ist alles möglich! Bis Kilometer 26 konnte ich ein sehr hohes Tempo halten. Aber bereits da tat es schon so richtig weh. Und dann war Salva auf einmal auch an der Strecke! Ich war nicht allein und das tat gut. Immer wieder hatte ich kurze Passagen, da ich dachte wegzuplatzen. Und auf einmal ging es wieder. So etwas hatte ich noch nie. Beim Blick hin und wieder auf die Uhr versuchte ich zu erkennen, welches Tempo ich laufe oder was eine mögliche Zielzeit sein könnte. Keine Chance einen klaren Gedanken zu fassen. Also ließ ich es bleiben und fieberte dem nächsten Aufeinandertreffen mit den Freunden entgegen.
Was braucht man um eine Langdistanz erfolgreich zu meistern? Viel Training! Aber am Wettkampftag entscheidet nicht nur das Training, sondern das was in deinem Kopf passiert, ob du weiter machst oder nicht. In Frankfurt waren es eure Zurufe, die mir die nötige Kraft gegeben haben, weiter zu machen! Denn in der Zwischenzeit hatte ich mit mir selber ausgemacht, dass es zwar unglaublich schön war, gemeinsam mit anderen auf diesen Tag hin zu trainieren, aber das es definitiv das letzte Mal war, dass ich mir so etwas antat.
Irgendwann zierte das Vierte Bändchen meinen Arm und ich wusste, jetzt ist es gleich geschafft. „10:30? Nicht mehr drin! 10:45? Auf jeden Fall! Also irgendwo dazwischen. Mission erfolgreich. Genieß die letzten Momente.“ Als es in den Zielkanal Richtung Römer ging, klatschte ich mit den Kindern, die ihre Arme den Athleten entgegenstreckten ab, breitete ein fettes Grinsen aus, dachte an dies und das, freute mich auf den Rest des Tages und erblickte plötzlich hinter der letzten Kurve den Zielbogen mit der Zieluhr…Leicht verschwommen im Laktatrausch erkannte ich, dass da vorne eine 10 steht und dann eine 2 und dann… WAS??? Den Rest konnte ich nicht mehr genau erkennen, aber es durften nur noch Sekunden sein, bis aus der 2 eine 3 wurde und so lächerlich es ist, nach 226km um Sekunden zu kämpfen, ich tat es! Zielsprint! Irgendwo aus dem Nichts tauchen Arme auf, schrieen meinen Namen, ich erreiche das Ziel, beende das Rennen und die Uhr bleibt bei 10 Stunden 29 Minuten und 42 Sekunden stehen! Gänsehaut die Vierte!
Im Zielbereich warten Essen, Massagen, Duschen und Getränke auf die Athleten. Ich hole nur meinen Beutel und will raus zu den Menschen, die die letzten 10,5h für mich da waren. So stehen wir zusammen am Römer, machen ein Gruppenfoto und plötzlich fällt mir ein… Moment, sollte ich nicht noch ein Finishershirt bekommen? Ich sehe einen anderen Athleten und frage ihn. Er hat auch noch keins, wahrscheinlich gibt’s die irgendwo drinnen welche und so gehen wir noch einmal in den Zielbereich.
Beim 2. Mal ist alles ein bisschen anders… Lanzarote hatte viele magische Momente, Frankfurt hatte viele Gänsehaut-Momente. Alleine hätte ich diese Leistung nie erbringen können, das tat verdammt weh und war ein Wettkampf am Limit. Meine letzte Langdistanz…Und schon auf der Autofahrt nach Hause frage ich mich: “WIE muss man eigentlich trainieren, um unter 10h zu bleiben???“…
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18 Stunden für 18 Sekunden:
Ein Tag beim Ironman in Frankfurt
Es ist 2:45 Uhr, als der Wecker klingelt. Zwei Stunden Schlaf liegen hinter mir. Wie in Trance geht es in die Küche, Kaffee kochen. Vor Müdigkeit vergesse ich sogar noch, die Thermoskanne zuzudrehen, was sich später in meinem Rucksack als ungeahnte Überraschung präsentiert. 45 Minuten später ist Treffen mit Niko und Henrik angesagt. Das Radeinbauen verzögert sich, unser Zeitplan ist hinüber. Trotzdem – unserem hellwachen Fahrer Niko sei Dank – sind wir um 5.30Uhr in Frankfurt Niederrath.
In der Stadt herrscht Ironman-Stimmung. Die Straßen gehören Radlern, die auf dem Weg zum Frankfurter Waldsee sind. Bald ist auch die Tri-Team-Fraktion darunter. Mit rund 36 km/h geht es auf unseren Mountainbikes gen Schwimmstart – die erste Trainingseinheit am Morgen. Am Waldsee sehen wir dann auch endlich unseren Star des Tages: Paddy ist natürlich schon vor Ort und locker, als würde er gleich nur eine Stunde laufen gehen. Dabei ist doch eigentlich gerade das Schwimmen seine schwächste Disziplin…. Als der Startschuss fällt, spielt das keine Rolle mehr. Vonny, Nico, Niko, Henrik, Aggi und ich stehen am Strand und beobachten das Feld, das sich mit den roten Badekappen gut sichtbar durch das Wasser wühlt. Es könnte der perfekte Ironman-Tag werden. Doch dann fängt es an zu regnen – nein, zu schütten. Für die Schwimmer ist es vorerst egal, für die Zuschauer unangenehm. Wir erwarten, dass Paddy wie in Lanzarote nach 1:10 Std. aus dem Wasser kommt. Doch daraus wird nichts. Denn beim „längsten Tag des Jahres“ hat sich unser Langdistanzler einiges vorgenommen. Schon nach 1:06 Std. geht es aufs Rad. Für uns heißt das, schnellstmöglich zum Heartbreakhill nach Bad Vilbel zu gelangen. Wenn da nur nicht der Regen wäre. Mittlerweile sind wir nass bis auf die Haut und dank unserer MTBs sehen wir schnell wie paniert aus. Natürlich verpassen wir die Anschlusszüge und damit das Profifeld. Über eine Stunde brauchen wir bis Bad Vilbel. Zumindest sind wir wieder trocken, nur um dann noch einmal die ganze Ladung Regen abzubekommen. Immerhin schaffen wir es noch rechtzeitig und feuern Paddy an, der zwar frierend, aber lächelnd an uns vorbeiradelt. In dem Moment beneidet ihn keiner. Zwar ist er auch nicht nasser als Sepp, den wir mit seiner Freundin in Bad Vilbel treffen, aber während Paddy auf der nassen Straße die Nase in den Wind hält, können wir zumindest einen Kaffee trinken.
Pünktlich zur zweiten Runde der Profis scheint die Sonne. Es ist „Heartbreakhill“-Stimmung. Jeder Starter, egal ob er Sebastian Kienle heißt und an uns vorbeischießt oder es ein Südhesse (ja, auch die haben wir angefeuert…) ist, der am Ende des langen Feldes seine Runden dreht, wird bejubelt. Auch Paddy geht auf die zweite Runde – und hat richtig gute Laune, als er an uns vorbeizieht.
Es geht zum Laufen. Also zurück nach Frankfurt und zum Mainufer. Frenetisch feiert die Tri-Team-Fraktion ihren Starter. Und Paddy hat sichtlich Spaß. Während er seine Runden zieht, bleibt für uns Zeit für Bratwurst, Kuchen und ein Foto mit Faris Al-Sultan. In der zweiten Runde muss Paddy bereits beißen. Sein Gesicht ist angespannt. Wir sind es auch. Hoffentlich klappt alles wie geplant. Doch schon in Runde 3 hat Paddy sein „Läufergen“ wiederentdeckt und lächelt uns zu. Aufatmen. Dann geht es ab zum Römer ins Stadion. Salva meldet von der Strecke, dass Paddy auf den letzten fünf Kilometern ist. Wir rechnen. Klappt es etwa mit einer 10:25? Nach 10:25 ist Paddy noch nicht da. Macht nichts, unter 10:30 bleibt er auf alle Fälle, sind wir uns sicher. Und feiern fröhlich die Finisher. Zumindest Niko und ich. Henrik nickt immer wieder ein, obwohl ein trötender Holländer direkt vor ihm sitzt. Aber nach zwei Nächten ohne Schlaf kann so ein Ironman-Tag lang sein. Der Blick auf die Uhr. 10:27. Gleich kommt er (auch Henrik ist wieder wach). 10:28 – jetzt könnte er wirklich kommen. 10:29 – Oh je, das wird knapp. 10:29:30 – Mist, Paddy schafft es nicht. Doch „Mr. Langdistanz“ straft unserer Befürchtung Lügen. Denn plötzlich kommt er über den roten Teppich gelaufen, sieht die Uhr und zieht an. Auch wir geben alles, schreien ihn an, klatschen und hoffen. 10:29:42 Stunden bleiben auf der Uhr stehen – Paddy hat es geschafft. Er jubelt im Ziel, wir auf der Tribüne. Erleichterung nach dem Zittern. Dann gibt es die Glückwünsche für unseren Helden. Was für ein Finish, was für eine Dramatik.
Um 20.45 Uhr sind wir wieder zu Hause. 18 Stunden liegen hinter uns. Doch allein für die 18 Sekunden, die Paddy auf die magische 10:30-Grenze herausgelaufen hat, hat sich das Event gelohnt.
Tobi
Ich hab Pipi in den Augen, so schön ist das!!!
Das ist das geilste! Nach 10:29:30 noch zu sprinten! Hut ab vor deiner Leistung und deinem Willen.
Als nächstes 9:59:xx!!!
Stark.
Ein schönes Bilder der Supporter :)