Ironman Copenhagen – Bericht von Nina Bachmann
…der Zweite ist immer der schwerste…
Nach meiner Ironman-Premiere in Barcelona 2014 hatte ich in 2015 ein sportliches Ruhejahr eingelegt. Das war auch gut so, denn im Laufe des Sommers hat es wieder angefangen zu kribbeln und die Idee entstand, noch einmal einen Ironman zu wagen. Vorsichtig habe ich mal bei Dieter nachgefragt, ob er sich solch ein Projekt noch einmal vorstellen könnte. Erst war er erstaunt über meine Idee, mich noch einmal auf die komplette Strecke zu wagen, dann aber sehr schnell mit im Boot. Zügig war der Wettkampf ausgewählt: Es sollte Kopenhagen sein. Und somit startete das Projekt Ironman Copenhagen am 24. August 2015 um kurz nach 16:00 Uhr mit der Online-Anmeldung.
Ein Jahr Vorbereitung also. Wie funktioniert das eigentlich? Gleich in Aktionismus verfallen? Konkrete Trainingziele und -pläne machen? Unterkunft buchen? Urlaub für die Tage vorher und danach habe ich an der Arbeit geblockt, mehr aber irgendwie nicht. Einfach weiter trainieren und versuchen gesund durch den Winter zu kommen, war der Plan. So ganz ist mir dies dann leider nicht gelungen, aber ab Anfang des Jahres konnte ich krankheits- und verletzungsfrei das Training genießen. Zwar leider nicht ganz sorgenfrei, was den Start zwischenzeitlich in Frage stellte. Aber manchmal hilft einem der Sport auch, mit schwierigen Situationen klar zu kommen.
Dank Dieters individuell gestalteten Trainingseinheiten rollte das Training an und machte auch wieder Spaß. Neue Wege beim Radtraining hatte er gleich in die Wege geleitet, gab es doch noch einen im Verein, der sich auch für den Ironman Copenhagen 2016 entschieden hatte: Oliver Lieblein. So entstand das ein oder andere gemeinsame Radtraining, was meistens so ablief, dass ich versucht habe, am Hinterrad zu bleiben. Langdistanz-Intervall könnte man das nennen. Aber auf alle Fälle hat es super viel Spaß gemacht und ich möchte mich für die nette Aufnahme in der Trainingsgruppe bedanken. Ihr wart immer super bemüht, mich wieder heil nach Hause zu bringen! Danke dafür!
Ein Sprint-Wettkampf an der Stockelache sollte als Vorbereitungs-Wettkampf genügen, um wieder die Abläufe ins Gedächtnis zu holen und ein paar Dinge zu testen. Schon war der August da und wir machten uns auf den Weg nach Kopenhagen. Dort angekommen der Kontakt mit Oli und seiner Supporter-Crew, Startunterlagen, Wettkampfbesprechung, Strecken anschauen, einchecken… Viel war zu tun und die Zeit verging schnell. Am Sonntag ab 7:05 sollte der Start nach selbst eingeschätzter Schwimmzeit erfolgen. So begab ich mich zu der Gruppe „1:00h bis 1:10h“ und alle paar Sekunden wurden ein paar Athleten ins Wasser geschickt. Mein längster Tag begann somit um genau 7 Uhr, 10 Minuten und 15 Sekunden. Die Ostsee hatte angenehme 17 Grad, nicht zu kalt um zu erfieren und auch nicht zu warm, dass man im Neo anfangen würde zu schwitzen. Salzwasser war ich ja schon gewohnt und bereitete mir auch keine Probleme. Nur der Nebel an dem Morgen und das Wasser in meiner Schwimmbrille machten die Orientierung nicht leichter. Ich kam nach gefühlt geschwommenen Schlangenlinien nach 1:09h aus dem Wasser.
Glücklich über die Schwimmzeit wechselte ich aufs Rad und legte wieder viel zu schnell los: Schön an der Küste entlang mit Rückenwind bis dann der Abzweig ins Landesinnere kam, wo die verwinkelten schmalen Straßen mit den eingebauten Hügeln kamen und natürlich auch der Wind von vorn, da es jetzt wieder zurück nach Kopenhagen ging. Dort merkte ich dann, dass bei dem Tempo meine Kraft nicht für die zweite Rad-Runde und den anschließenden Marathon reichen würde. Also nahm ich etwas an Tempo raus und versuchte mich weiterhin auf die Verpflegung zu konzentrieren. Genügend Gels hatte ich dabei, allerdings nur zwei Geschmacksrichtungen. Um dem Ganze etwas Abwechselung zu bereiten, habe ich mich dann bei den Verpflegungsstellen bedient. Diese hatten tatsächlich andere Geschmacksrichtungen im Angebot. Über was man sich alles freuen kann! So langsam kamen auch ein paar Schmerzen auf: Der Nacken, der Rücken und auch der Magen zwickten ein wenig. Die Sitzposition ständig wechselnd sehnte ich mir die zweite Wechselzone herbei, in der Hoffnung, dass dann die Schmerzen vom Radfahren verschwinden würden. Mein Ziel für die Radstrecke weniger als 6 Stunden zu brauchen, hat trotz der Drosselung des Tempos geklappt: Nach 5:51h kam ich in der zweiten Wechselzone an. Jetzt war ich gespannt, ob sich meine Zurückhaltung auf dem Rad positiv auf das Laufen auswirken oder ob die Schmerzen in Rücken und Nacken mich auch weiter begleiten würden. Beim Loslaufen konnte ich es kaum glauben, dass so gar nichts mehr weh tat und die Beine sich locker anfühlten. Dies wollte ich so lange wie möglich nutzen und beschloss meinen Toiletten-Stop auf später zu verschieben. Bei der zweiten Verpflegungsstelle musste ich dann doch mal ein Dixi-Klo aufsuchen. Aber auch nach dieser kurzen Pause lief es locker weiter. Meine Taktik an den Verpflegungsstellen mich im Gehen zu verpflegen, hatte ich beibehalten. Ansonsten fand ich einen guten Laufrythmus. Bis ich dann in Richtung des zweiten Wendepunkts kam: Eine Brücke türmte sich plötzlich vor mir auf. Bestens motiviert nahm ich diese laufend in Angriff und auch die danach Folgende. Aber dann wusste ich, dass ich hier mit meinen Kräften haushalten musste.
In den folgenden Runden ging ich diese Brücken hoch. Ansonsten lief ich bestens gelaunt einen Kilometer nach dem Anderen, wurde ich doch von Dieter und auch von Oli´s Supporter-Crew prima angefeuert. In der dritten von vier Laufrunden wurde es jedoch etwas zäh. Müdigkeit machte sich breit, die Beine waren zeitweise etwas wackelig und die Nahrungsaufnahme wurde auch zur Quälerei. Jetzt bloß nicht nachlassen, weiter konzentrieren und keine Fehler machen! Mit Blick auf die vierte und damit letzte Laufrunde machte sich wieder Hoffnung breit, dass das Ziel in greifbare Nähe rückt. Als Dieter eingangs der vierten Runde völlig aufgeregt neben mir her lief, wusste ich nicht, wer hier jetzt gerade den höheren Puls von uns beiden hatte. „Du bist auf 11:3X-Kurs!!! Noch eine Stunde für die letzten 10 Kilometer!!!! Lauf weiter so!!! LAUF!!!!!“ Diese Information war mir neu, da ich keine Gesamtzeit gestoppt hatte, nur beim Laufen, der Kontrolle wegen. Okay, das mit den letzten 10 Kilometern in einer Stunde war utopisch, da dies so ungefähr mein Lauftempo war, ohne die Gehpausen bei den Verpflegungsstellen und den Bergauf-Passagen. Aber trotzdem war ich positiv überrascht und konnte nun verstehen, dass Dieter so aufgeregt war! Ein wenig hat es mir auch „Flügel“ verliehen, zumindest lief es sich plötzlich etwas schwereloser. Leider nur bis Kilometer 39. Da schien es mir unmöglich zu laufen, obwohl es doch nur noch 3 Kilometer bis zum Ziel waren! Egal, Hauptsache ankommen. So verbrachte ich die nächsten zwei Kilometer in ständigen Wechsel von gehen und laufen. Aber dann der letzte Kilometer: Keine Schmerzen, keine Müdigkeit, einfach nur glücklich. So legte ich noch einmal zügiger los, überholte noch ein paar Läufer und konnte dann unter dem Applaus der Zuschauermenge auf den Zielkanal abbiegen.
Und da war er: Der Zielbogen! Überglücklich lief ich ins Ziel und wurde dort gleich von Helfern in Empfang genommen. Ich bekam mit netten Worten und Gesten meine Medaille. Die Frage, ob es mir gut geht, konnte ich bestätigen. Ich hatte zwar noch keine Ahnung, was meine genaue Zeit war, aber es musste eine neue persönliche Bestzeit sein. Als ich dann endlich Dieter gefunden hatte konnte ich meine Freude mit ihm teilen, wollte ich ihm doch so viel erzählen, was alles während der letzten Stunden passiert war. Genau: Wie lange hatte ich denn nun eigentlich gebraucht? Dieter wusste es natürlich: 11 Stunden, 42 Minuten und 35 Sekunden.
Was soll ich sagen – bin ich doch eigentlich sprachlos darüber, was da am 21. August 2016 in und um Kopenhagen passiert ist:
Ich fühlte mich gut, schon fast zu gut.
Ich sehnte den Start herbei, da ich endlich zeigen wollte, was ich mir in den letzten Monaten hart erarbeitet hatte.
Ich hatte scheinbar den nötigen Respekt vor dem Wettkampf.
Ich hatte genügend Routine mir meine Kraft gut einzuteilen.
Ich hatte die beste Betreuung vor und während dem Wettkampf bei mir.
Ich hatte den bequemsten und schicksten Einteiler, den ich je hatte.
Und, das Wetter war perfekt!
Nur nach Hawaii wollten sie mich wieder nicht schicken. Aber vielleicht versuche ich es ja noch einmal…