Thomas Sämann beim Ironman Barcelona
Perfect Day! IRONMAN Barcelona 8:46h / 1. Platz M25 / 22. Platz Gesamt
Beim Ironman Barcelona hat wirklich alles gepasst. Aber wie kam es eigentlich dazu?
Nachdem ich mir letztes Jahr den Traum vom Hawaii Finish erfüllen konnte, überlegte ich lange, was sportlich nun kommen sollte. Da es mir in Kona eigentlich ganz gut gefallen hat, war die Idee geboren einen zweiten Hawaii Angriff zu starten. Der Masterplan was schnell ausgeheckt, in der ersten Saisonhälfte am Grundspeed arbeiten, in der zweiten Hälfte dann wiederfür die lange Distanz und dann einen späten Ironman machen. Barcelona bot sich auch deshalb an, da es eine verdammt schnelle Strecke ist und ein sub 9h Finish auch noch auf meiner „to do“ Liste stand. Also habe ich mir die weltbesten Supporter in Form von Christian, Anna und dem Glücksschaaf Lisl geschnappt und ab ging es an die Costa Brava. Die Form war gut und schnelles Material im Gepäck!
Mittwoch vor dem Rennen gelandet und noch ein paar Tage am Strand verbracht und die Wettkampfstrecken besichtigt. Da es an diesen Tagen vorher relativ windig war, habe ich mich innerlich eigentlich schon von einer Zeit unter 9h verabschiedet. Am Wettkampftag sollten dann aber ideale Bedingungen herrschen. Insgesamt hielt sich die Nervosität jedoch in Grenze, ist ja immerhin schon meine 4. Langdistanz und ich konnte eine Menge (schmerzhafter) Erfahrungen sammeln. Am Abend zuvor gab es die meine obligatorische Packung Eis und ab ging es in die letzte kurze Nacht.
Sonntag ging es dann früh morgens Richtung Wechselzone, die letzten Vorbereitungen erledigen. Ich liebe diese ganz besondere Stimmung vor Rennen. Mehrere Tausende Athleten und Zuschauer/Angehörige, aber trotzdem totale Stille und nur leises flüstern zu hören. Die Anspannung die in der Luft liegt, jeder hat dieselbe Distanz vor sich und eine Menge Respekt davor. Hier stieg dann so langsam auch mein Adrenalin und ich war bereit losgelassen zu werden.
Der Start erfolgte im sogenannten Rolling-Start. Also alle 4 Sekunden werden 6 Athleten losgelassen und die Zeit beginnt erst, wenn man über die Matte ins Meer sprintet. Als ich im Startbereich auf den erlösenden Schuss rief ich mir noch mal meine Ziele in den Kopf:
Best Case: Sub 9h + Hawaii Quali (dazu musste ich mindestens 2. In meiner Altersklasse 25-29 werden)
Genau diese beiden Ziele waren es, die mich immer wieder im Training angetrieben haben!
Endlich ging es los und die ersten 6 Athleten gingen zu Wasser. Ich stand ca. in der 7. Reihe und für mich begann das Rennen wenige Zeit später. Die Sonne ging gerade über dem Mittelmeer auf und die Wellen ging sanft auf und ab. Beim Schwimmen ging es Leistungsmäßig dieses Jahr immer auf und ab und ich wollte einfach einigermaßen entspannt aus dem Wasser kommen (und hoffentlich nicht zu viel Zeit auf die direkten Konkurrenten verlieren). Nach einigen hundert Metern fand ich passende Füße und schwamm die erste Hälfte der 3,8km im energiesparenden Wasserschatten. Bei der Wende gab es dann einiges an Getümmel und ich verlor die Gruppe und musste so den Rückweg weitestgehend alleine bewältigen. So langsam wurden auch die Arme immer schwerer und ich war froh nach ziemlich genau 1 Stunde wieder am Strand angekommen zu sein. In Relation zu dem was die anderen Athleten so an Zeiten brachten bin ich damit einigermaßen zufrieden gewesen und war in meinem Zeitplan. Zu diesem Zeitpunkt lag ich auf Platz 22 meiner Altersklasse. Jetzt konnte die große Aufholjagd beginnen.
Rauf auf mein schnelles Speed Concept und zuerst 3km durch die Stadt. Enge Kurven, Speed Bumps und andere Hindernisse galt es zuerst zu überwinden. Ich konzentrierte mich erst mal darauf kein Defekt zu holen und meine beiden Radflaschen nicht zu verlieren. Dann ging es rauf auf die flache Schnellstraße. Leichter Rückenwind und immer die Küstenstraße entlang. Also Kopf runter, Kette rechts und immer ordentlich aufs Gaspedal – Kontrollierte Attacke. Der Tacho zeigte durchgängig 45km/h oder mehr an. Nur durch Kreisel unterbrochen, davon gibt es in Spanien allerdings einige! Nach 25km gab es einen kleinen 10km Abstecher mit kleinem Berg ins Hinterland und anschließend wieder flach weiter. Ich konnte Athlet um Athlet überholen und war richtig gut unterwegs. Der Rückweg war durch den Gegenwind etwas langsamer, obwohl ich hier um weiter Zeit gut zu machen auch deutlich härter gefahren bin. Als ich dann nach 90km auf die zweite Radrunde bog zeigte der Tacho einen Schnitt von 40km/h an. Läuft! Ich fühlte mich noch gut und mithilfe des Windes ging es wieder im Eiltempo die Küstenstraße entlang. Immer behielt ich im Kopf, auf dem Rad möglichst smart zu racen. Kein Risiko in den Kreiseln, wenn andere Athleten da waren, dann eher 15m als 10m Abstand und immer gut und ausreichend Kohlenhydrate zuführen. Nach 145km fand die letzte Wende statt und es galt nur noch die 35km zurück nach Calella im Gegenwind zu bestehen. Da ich mittlerweile im Altersklassenfeld fast alle eingeholt hatte und sich die Beine doch so langsam bemerkbar machten beschloss ich auch hier smart zu sein. Ein paar Watt an Leistung rausgenommen und nicht versucht auf Teufel komm raus noch 1-2min Vorsprung herauszufahren. So führte ich mit einigen Konkurrenten im Schepptau das Altersklassenfeld in die Wechselzone. Mit 4:31h gelang mir hier eine absolute Top Zeit, die auch nötig war, um die schnellen Schwimmer einzuholen. Das bedeutet einen Schnitt von 39km/h über die 180km (Strecke war ca. 4km zu kurz).
Aber erst jetzt im Marathon sollte sich die Spreu vom Weizen trennen. Da schon seit 100km die Blase drückte, ging es erst mal aufs Dixi um dann entspannt auf die 42km Laufstrecke zu gehen. Die Beine fühlten sich noch richtig gut an, aber mit der bisherigen Erfahrung wusste ich noch, was kommen sollte. Ich zügelte mich etwas und lief dann schön locker mit 4:15min/km die ersten Kilometer. In meiner Altersklasse waren wir zu diesem Zeitpunkt 4 Athleten mit ganz geringen Abständen! Zur Erinnerung, Platz 2 musste es mindestens werden. Zwei liefen etwas flotter als ich an und einer mit ca. 1 Minute hinter mir. Die erste Laufrunde (14km) blieb ich schön konstant bei meinen 4:15min/km. Ich habe mich in einem Ironman noch nie so gut zu diesem Zeitpunkt im Rennen gefühlt und hatte großes Selbstvertrauen. 2 Laufrunden galt es jetzt noch zu bewältigen. So langsam würden jetzt die Schmerzen und Qualen beginnen. Ich versuche mich dann immer abzulenken indem ich meine ungefähre Zielzeit berechne. Ich wusste, wenn ich jetzt die restlichen 28km im 5er Schnitt laufe, selbst dann habe ich mein erstes Ziel, nämlich dem sub 9h Finish im Sack. Also rechnet ich jeden Kilometer 5:00min minus Zeit des letzten Kilometers und dass dann in Summe von den 9h abziehen. Schon verdammt bescheuert mit was man sich so im Kopf beschäftigt :D
Aber es hat geholfen und ich konnte mich dadurch immer weiter antreiben. Das Tempo pendelte jetzt zwischen 4:20-4:30min/km. Schnell konnte ich den Finnen auf der zweiten Runde stellen (der für sein hohes Angangstempo bitter bezahlen musste und am Ende über 5h für den Marathon benötigte). Außerdem konnte ich @Sebastian Mahr überholen. Ich dachte auch er muss jetzt für sein Anfangstempo bezahlen, aber bis zum Schluss blieb er immer ~ 1 Minute hinter mir und lies nicht locker. Somit konnte ich auch nie locker lassen und musste immer weiter pushen. An dieser Stelle noch mal Glückwunsch an dich, bei dem Ironman Debüt so zu rocken. Ich ziehe meinen Hut. Zu Beginn der dritten und letzten Runde bekam ich dann vom Streckenrand die Info, dass der Drittplatzierte mittlerweile ~5 Minuten zurück liegt und tendenziell langsamer wird. Der Hawaii Platz war also so gut wie sicher und ebenso die Zeit von unter 9 Stunden. Aber jetzt hatte ich Blut geleckt und wollte unbedingt den AK Sieg! Auf den letzten 12km konnte ich immer noch ~4:30-4:35min/km laufen, nur an den Verpflegungsstationen investierte ich 15-20sec alle 2km um genug Flüssigkeit aufzunehmen um nicht doch noch hochzugehen. Denn wir befanden uns auf dem Weg zu einer Höllenzeit. Der Abstand auf Sebastian blieb bei der einen Minute und ich konnte einen für mich richtig starken 3:08h Marathon laufen (4:28min/km)! Die letzten 10km taten weh wie Hölle. Aber das tun sie immer.
Wenn man dann endlich in den Zielkanal abbiegen kann ist das immer ein magischer Moment! Die ganzen Strapazen der letzten Stunden sind wie weggeflogen. Ich schnappte mir noch das Glückschaaf und ab ging es auf den roten Teppich. Ich schrie die ganze Freude über das grandiose Rennen hinaus. Diese Momente entlohnen einfach für alles. Aber ebenso viel Freude macht es diese mit meinen mitgereisten Supportern zu teilen. Danke auch an die ganzen lieben Nachrichten, die mich in den letzten Tagen erreicht haben.
Am nächsten Tag durfte ich dann noch auf der Siegerehrung den Pokal abholen. Der ideelle Wert an so einer Trophäe ist für mich persönlich immens. Immer wenn ich das Ding so ansehe, kommen die Emotionen des Rennens wieder hoch. So wird es auch immer bleiben.
Dazu dann noch der grandiose Moment, wenn man sich den Hawaii Platz abholen kann. Nie ist man so glücklich 999 Dollar bezahlen zu dürfen. In ziemlich genau einem Jahr habe ich also wieder die Ehre mich in Kona im entfernten Pazifik mit den weltbesten Triathleten auf der Ironman Distanz zu messen.
Beenden möchte ich diesen Rennbericht mit einem Zitat von Jan Frodeno, den ich versuche bei all den Leistungsgedanken mir immer zu bewahren: „Egal ob du Profi bist oder Amateur, das wichtigste ist, dass du es tust, weil du es liebst!“
Aloha Thomas
Jawoll ey Alter. So muss das sein man.
Herzlichen Glückwunsch!!!