Ironman Germany – Vier neue Iron(wo)men in Frankfurt

Am Sonntag, 24. Juli 2011 war es für vier Tri-Teamler nach langer Vorbereitungsphase endlich soweit. Am Langener Waldsee fiel frühmorgens für jeden von ihnen der Startschuss zur ersten Langdistanz. Die beiden weiblichen Starterinnen Agnes Stanislawski und Salvatrice Plantera haben ihre Erlebnisse jeweils in einem Erfahrungsbericht zusammengefasst.

Agnes Stanislawski – 12:28:59h, 15. Female 25-29, 1606. Gesamt:

„Hallo liebe Unterstützer, Interessierte und Betroffene :) Gestern war der ichbereitemichsoewigdaraufvor-Tag. DANKESCHÖN. Hier eine kleine Zusammenfassung… Zuerst der Kassensturz. In den letzten knapp sieben Monaten habe ich insgesamt ca. 318 Stunden trainiert, dabei etwa 4320 km auf dem Rad verbracht, über 1040 km in Laufschuhe gespult und zierliche (ja seeehr zierliche) 69 km geplantscht. Ergänzungen gab es brav mit Stabi und allerlei lustigen Sportaktivitäten. Seit Januar habe ich also durchschnittlich 11,5 Stunden trainiert (das ist nicht sooo viel). Man muss hier auch die große Streuung beachten: zwischen fünf und 30 Std/Woche ist alles vertreten. Was habe ich gelernt? Für’s nächste Mal gibt es da einiges Optimierungspotential (Mein „Driving Growth“ Verein ist bei Potentialen gleich ganz entzückt!).

Zusammenfassung des Rennens? Nass, kalt, windig, nass, kalt, windig, nass, nass, nass…. Tränen gab es die ersten vor dem Start, beim Start, beim Radeln, Laufen und umso mehr im Ziel. Aber nacheinander: Im Wasser bin ich recht gemütlich, weit ab vom Tummult, ein paar Meter zu viel, aber ganz entspannt geschwommen. Das war wahrscheinlich der wärmste Teil des Tages. Auf dem Rad hat es durchgeregnet. Einfach so. Dazu ist der Wind immer mehr aufgefrischt und stand auf der sonstigen „Drückerstrecke“ schön gegen die Nase. Es war kalt, nass von oben und von der Straße. Für mich Schön-Wetter-Fahrer und Kaltblüter katastrophal. Offensichtlich kamen die anderen besser mit den Bedingungen klar… Ich hatte vor, die Radstrecke betont ruhig im GA1 zu fahren, um gut zum Laufen zu kommen. Leider musste ich ganz schnell feststellen, das a) an diesem Tag meine GA1 dazu führte, dass mich quasi ALLE überholen konnten und b) ich auch noch munter sieben Mal „austreten“ musste (weil ich Happy Hour mit den Getränken gemacht habe). Meine Zehen sind mir erst nach der ersten Laufrunde aufgetaut, die Finger hatten zwischendurch zumindest einige Wiederbelebungsversuche hinter sich – da wusste ich zumindest, dass es sie noch gibt (jaaa, sehen konnte ich sie auch noch). Die Stimmungsnester waren das Einzige, was nur einen Hauch von Lächeln zaubern konnte. Dazu gehört auch und vor allem EUER Anfeuern. Beim Heartbreak-Hill hat es mir aber so den Hals zugeschnürt, dass ich vor Tränen und Stimmung gar nicht mehr atmen konnte. Unglaublich! Alles in allem habe ich mich also schnell von der geplanten Radzeit verabschiedet. Und nach den ersten Krämpchen in den Zehen zum Ende (jaaa, sie waren dran!), habe ich auch einen Augenblick mit Angst an das Laufen gedacht.

Aber: Fahrrad wech, Schuhe an, Brille auf und neue Beine da! Von da an war es ein Gaudi. Danke für die vielen Worte und die Stimmung und und und. Das Gute an einer 6:53 Radzeit ist, dass wenige starke Läufer mit mir vom Rad stiegen. So konnte ich munter einsammeln, was die Motivation nach dem Radsplit aber auch bitter nötig hatte. Hier muss ich meine persönlichen Highlights einmal erwähnen: Ich habe 1) die einzige aufregende Platzierung eingestrichen (7 AK Female, 978 Gesamt), 2) Supermann und 3) den griechischen, mehrmaligen Weltbestzeit-Laufer geholt :) (DU wirst das schon verstehen…) Leider musste ich auch beim Laufen 5x Austreten, was mich mit dem Einteiler einfach ein wenig Zeit kostet. Die wieder rein zu laufen, war dann ziemlich teuer.


Alles in Allem ein hartes Rennen. 12:28h. Der Anfang und das Ende waren schön, das Finish gigantisch. Man erinnert sich eh an den letzten Teil am besten. Und ja, ich werde es noch mal machen.

Auch meine ganzen Wegbeleiter sind glücklich und heil angekommen. Gartulation an Salva-Moonwalkerin im Ziel, Uwe (der mich bei km 30 auf dem Rad geholt hat), Christian (der so schnell vorbeischoss, dass ich ihn nicht gesehen habe), Heike (radelt alles in Grund und Boden), Gero (mit dem schnellen Fuß und Forellen-Swim), Frank (der morgens um halb 6-Begleiter), Sven (von niemandem lasse ich mich lieber auf der Laufstrecke holen) und Aleco (der mich bei km 120 einsammelte. Aber wir haben uns mehrfach gesehen…) Sehr toll gemacht! :) Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen? Ganz bestimmt nicht unsere Roth-Stars! :)

 

Was will ich loswerden? Dankeschön an alle Unterstützer, Rücksichtnehmer, Radbegleiter, Laufpartner, Schwimmfreunde, Ratgeber, Hilfesteller und „mit-mir-Freuer“. Ohne dies alles, hätte es so nicht geklappt. Eure Agnes.“


Salvatrice Plantera – 13:25:09h, 38. Female 40-44, 1928. Gesamt: „’Frau Plantera., wir stehen mit dem Rücken an der Wand. Es tut mir Leid, aber wir können da nichts mehr machen…’Was? Wie bitte? Ich war gerade mal 35 und sollte mich damit abfinden, in Frührente gehen zu müssen? Es waren gewiss bereits viele Jahre hinter mir, in denen eine OP die andere jagte und dass jede Weitere womöglich keine Hilfe bringen würde gegen die Verwachsungen, die sich um meinen Darm breit gemacht hatten, war mir bewusst. Aber, einfach resignieren? NEIN, das kam gar nicht in Frage! Und als dann im November 2005 ein Chirurg endlich mal so richtig aufgeräumt hatte, wusste ich, dass sich von nun an mein Leben noch mal komplett verändern würde. ‚Meldet mich schon mal beim Ironman an’, flachste ich noch im Krankenbett. Damals sollte dieser Satz untermalen, wie gut ich mich endlich wieder fühlte, jedoch konnte keiner ahnen, dass ganz tief in mir drinnen dieser Satz auch ein klein wenig ernst gemeint war ;-)

Und so fing ich im Jahr 2006 langsam damit an, mich an den Ausdauersport heranzuwagen. Glücklich damals über die ersten selbst erlaufenen Kilometer, später dann das entdecken des Mountainbikefahrens und zum ersten mal allein bis zum Herkules hoch gefahren zu sein (stolz wie Bolle – ein unvergessliches Gefühl) und schließlich der erste Volkstriathlon in Fuldatal im Jahr 2007, den ich damals mit ach und krach, aber glücklich, finishte.

Und seitdem ich dann 2008 mit ein paar tollen und verrückten Frauen den Start in der Hessischen Triathlonliga gewagt hatte, konnte mich nichts mehr bremsen: ‚Ich werde es machen, ich werde einen Ironman machen!’

Nach 4543km mit dem Rad und im Durchschnitt 12,7 Std. Training in der Woche, konnte ich mich seit Januar 2011 unter optimalen Bedingungen und der immer toleranten Unterstützung meines Liebsten, meiner Familie, meiner Freunde und meines Jobs auf den 24. Juli 2011 vorbereiten. Eine tolle Zeit mit kurzweiligen Trainingseinheiten und in Begleitung des einen oder anderen angehenden Iron(wo)man. Was ein Spaß!

Und plötzlich ist es so weit.. nur noch zweimal schlafen… nur noch einmal schlafen… seltsam, dass ich kaum aufgeregt bin? Die Woche vor dem Start habe ich mich mental mit jedem Schritt des Wettkampfes vertraut gemacht. Das war gut so, denn nun zeigt sich das Ergebnis: Ich bin bereit und es kann losgehen!

Erst als ich Agnes sehe, kurz vor dem Start, kommen mir doch die Tränen… oh Mann… gleich geht’s los… mir wird es grad mal wieder klar, wie unglaublich das ist! Ich gehe ins Wasser des Langener Waldsees, suche mir ein ruhiges Plätzchen ganz rechts und weit ab vom großen Starterfeld, zweifle noch kurzzeitig, ob ich von dort aus wirklich losschwimmen kann – …nur noch 1 Minute bis zum Start…und PENG!

Alles ist gut, ich habe viel Platz, schwimme ruhig und gleichmäßig von Beginn an, kann bereits die Ersten zu meiner Linken überholen und ziehe gemütlich an einem nach dem anderen vorbei. Wie geil ist es, dass ich Agnes direkt vor mir aussteigen sehe beim Landgang! Ich nehme sie direkt bei der Hand, wir beide freuen uns über den kurzen Moment des Wiedersehens und dass es bei uns beiden bis jetzt schon so wunderbar gut gelaufen ist und stürzen uns wieder in die Fluten, ganz links diesmal, wie es uns Gerrit immer wieder eingebläut hat (danke Gerrit!!! genauso war es richtig!). Auch diese Runde lief ohne Reibereien, auch sicherlich mit ein paar 100m mehr, aber schmerzfrei ;-) Und wieder komme ich direkt hinter Agnes nach 1:16h  aus dem Wasser, schnappe mir meinen Beutel und ziehe mich um, was mir wahrscheinlich den Arsch gerettet hat für die nun folgende Kälteschlacht auf dem Rad.

Mit trockener Haut und komplett neuer Montur geht es aufs Rad. Sofort fängt es an zu regnen. Dafür haben wir Rückenwind und das erste Hochgefühl, bereits jetzt einen 31er-Schnitt auf dem Tacho stehen zu haben. Das hält sich ca. bis KM 20. Bei KM 35 wird mir klar, dass es heute ganz besonders harte Bedingungen sein werden. Na und? Dann ist das halt so ;-) Schade, dass ich auch mit gutem Zureden den Wind nicht davon überzeugen kann, mich wenigstens auf der jeweiligen Rückfahrt von Friedberg nach Frankfurt mal kurz in Ruhe zu lassen, damit man dieses wunderbare „Ballerstück“ ausnutzen kann. Aber nein – ich und die vielen anderen, bereits von der Kälte und Nässe gezeichneten Athleten,  pedalieren mit vielleicht gerade mal 20km/h zurück in Richtung Skyline. Viele Zuschauer haben sich bei diesen Bedingungen lieber vor die Fernseher gesetzt und so fahren wir eher unbeachtet durch die sonst so viel bejubelten Hot Spots. Bis plötzlich der „Heartbreak Hill“ vor mir auftaucht und eine unbeschreibliche Stimmung mich fast überrollt! Alle sind da! Der Wahnsinn! Das Gefühl kann ich nicht beschreiben und es ist gerade so, als würde die Energie meiner Freunde durch das Abklatschen direkt in meine Beine fließen und ich habe das Eindruck, diesen Hügel hochzufliegen…


Alles in allem war es auf dem Rad gut auszuhalten und so laufe ich mit schmerzfreiem Hintern und lockeren Beinen nach 7:01 h (die eine Minute habe ich wohl bei einem der vielen Austritte in die Büsche verloren) das erste mal den roten Teppich entlang zum Start der Laufstrecke.

Was ein Fest! Was für eine Gaudi! Mit grellgrünen T-Shirts und den Aufschriften „die schönsten Frauen sind aus Eisen“ oder „umdrehen wäre jetzt blöd“, werden wir von unseren Tri-Team-Fans und liebsten Freunden an der Strecke motiviert und angefeuert. Voller Hingabe und mit überschlagenden Schreien und Zurufen, werde ich jedes mal wieder empfangen und ich kann es kaum abwarten, gleich wieder die nächste der, in Gruppen aufgeteilten, Fanposten zu durchlaufen ;-) Nicht eine Sekunde hatte ich das Gefühl, dass ich gerade einen Marathon laufe, nachdem ich wohl auch schon 180km Rad gefahren und 3,8km geschwommen sein soll.

Laufen ist ja eigentlich mein „Begrenzer“, wie im Buch „going long“ die vermeintlich schwächste Disziplin eines Athleten betitelt wird (übrigens mein Buchtipp für jeden, der eine Langdistanz plant!).


Gut, ich laufe nicht das, was man als schnell bezeichnen würde, aber alles fühlt sich noch gut an und ich halte mich an meine Strategie, an den Verpflegungspunkten zu gehen.

So biege ich nach 4:50h mit vier bunten Bändchen am Arm und einem dicken fetten Kloß im Hals nach rechts ab in Richtung Zielkanal… Meine Beine sind leicht wie Federn und ich schaffe es tatsächlich, den zuvor als Scherz angekündigten „Moonwalk auf der Finishline“ zu tanzen, zweimal sogar, höre die Schreie meiner Freundin Isabelle: ‚Salva – du bist meine Heldin!’ – fühle mich wie eine Königin – kein Traum… kein Traum… ich hab’s geschafft!

 ICH BIN EIN IRONMAN!“

Uwe Wittig erreichte das Ziel am Frankfurter Römer nach 12:17:52h als 1512. Gesamt und 345. der männlichen Klasse 40-44, Christian Kahl war als schnellster Tri-Teamler nach 12:07:31h als 1434. Gesamt und 238. der Klasse Male 30-34 im Ziel.

 

 

Auf der Hinfahrt scherzten Jens und ich ob Faris wieder im Mark-Allen-Gedächtnis-Outfit startet. Und siehe da: Faris macht es und fährt an uns vorbei …

9 Gedanken zu „Ironman Germany – Vier neue Iron(wo)men in Frankfurt

  • 27. Juli 2011 um 11:10 Uhr
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    Wow! Schön Dich in FFM zu sehen und jetzt noch mal mit Video.
    Toller Bericht, Salva :)

  • 27. Juli 2011 um 11:34 Uhr
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    … ohne Worte… du hast alles geschrieben!!!
    Ich ziehe den Hut vor dir! Ein tolles Ding hast du da abgeliefert…

  • 27. Juli 2011 um 14:56 Uhr
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    Grandios! Die Leistung und der Bericht! Einfach Gänsehautfeeling die Zeilen zu lesen.

  • 27. Juli 2011 um 15:29 Uhr
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    Neue Berichte und Bilder sind online :)

  • 28. Juli 2011 um 08:21 Uhr
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    Wow, was für Berichte…und tolle Leistung!

  • 29. Juli 2011 um 13:32 Uhr
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    Hey Ihr Ironwoman!!! Bin soooo tierisch stolz auf Euch!!! Hatte beim Lesen von Eurem Bericht Tränen in den Augen und Gänsehaut!!!
    sportliche Grüsse von der Ostsee…

  • 29. Juli 2011 um 13:46 Uhr
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    der Zieleinlauf ist der Knaller .. nochmals alles Gute an alle „Eisenfrauen – und Männer“ tolle Leistung

  • 1. August 2011 um 11:21 Uhr
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    Wahnsinn! Ich mache grad mal eine Welle für euch (auch wenns alleine und im Büro Sch… aussieht!)

  • 6. Januar 2012 um 16:26 Uhr
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    Gratulation an alle Ironman’s

    Hallo Salvatrice,

    habe mit kleinen Tränchen der Freude deinen tollen Bericht gelesen und mich sehr für dich gefreut.Nochmals Respekt und Gratulation dazu.
    Wir sehen uns ja irgendwann bei einem Läufchen.
    Liebe Grüße
    Beate

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